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Stewart Island 5

 

Und täglich grüßt das Murmeltier ...

 

Nach etwa 5 Wochen striktem Lockdown wurden wir vor gut zwei Wochen auf Level 3 runtergestuft ...

Das bedeutet - zwei Bubbles dürfen zusammenkommen, aber generell nur zwei. Man musste sich also entscheiden, wer für die nächsten Wochen die Partner-Bubble wird, Kontakt mit einer dritten Bubble ist untersagt. Es war eine große Erleichterung, mal mit anderen Menschen zu Abend zu essen, alle waren ausgehungert nach sozialen Kontakten und so ganz ließ sich die Öffnung Richtung Dritt-Bubble nicht vermeiden. Aber in Anbetracht der minimalen Corona-Zahlen, die Neuseeland schon seit geraumer Zeit verzeichnet, entsteht ein Gefühl der Sicherheit. Hier auf Stewart Island gab es zudem keinen einzigen Corona-Fall. Landesweit finden alle Neuinfektionen - etwa 1 pro Tag - in den bekannten Clustern statt und sämtliche Zufalls-Tests waren negativ. Jacinda Ardern, die Premierministerin, tritt fast täglich vor die Kamera und verkündet den aktuellen Stand. Sie hat es sich auf die Fahne geschrieben, das Virus auszurotten und es sieht ganz so aus, als hätte sie damit Erfolg. Fakt ist, dass die Grenzen wohl noch auf lange Zeit dicht sein werden. Einzig mit Australien, das auch sehr gute Zahlen vorweisen kann, ist man im Gespräch. Es gibt die Idee, eine gemeinsame große Bubble zu bilden, nach außen abgeschottet, aber das Reisen zwischen den beiden Ländern soll gestattet sein. Für uns ist das ein Silberstreifen am Horizont! Sollten wir also letztendlich doch noch unsere Reisepläne fortsetzen können? Wenn auch mit Verspätung?

 

Dank Level 3 sind inzwischen auch wieder Fahrten mit dem Boot erlaubt. Bei nicht so gutem Wetter braucht es da einen Anreiz von außen - sei es eine Wellblech-Lieferung zu einem nur vom Wasser zugänglichen Grundstück oder das Aufstellen von Rattenfallen rund um ein Haus in Kidney Fern, auch nur per Boot erreichbar.

 

 

Der graue Himmel gehört inzwischen mehr und mehr zum Alltag, die Gummistiefel sind das Outfit der Wahl. Die Monotonie der Tage hat uns emotional immer mal wieder am Wickel und wir verharren dann in einer gewissen Starre. Einem von uns gelingt es aber in der Regel, aus diesem bleiernen Gefühl der Lähmung auszubrechen und auch den anderen mitzuziehen. Diese ganze Situation, in der sich die Welt befindet, macht schon etwas mit einem, sie zehrt ...

Da der Winter vor der Tür steht, müssen die Boote für die nächste Saison fit gemacht werden. Das Wassertaxi, die Kayan, ist inzwischen in einer Werft in Invercargill. Rakiura hat einen relativ windstillen Tag für die Überfahrt genutzt und ist noch am Abend mit der Fähre auf die Insel zurückgekehrt. Da das der erste Tag war, an dem die Fish & Ships Bude wieder aufmachen durfte, haben wir gleich zugeschlagen - trotz der 2 Stunden Wartezeit, denn halb Stewart Island hatte wohl die gleiche Idee. Am Tag zuvor gab es noch eine kleine Abschiedsrunde mit der Kayan. Die werden wir wohl so schnell nicht wiedersehen, aber wenn es uns aufs Wasser zieht, stehen ja immer noch die Dingis zur Verfügung.

 

Und nicht nur das - die Ulva Island Fähre, die Ranui, war - zumindest für eine Weile - auch noch da ...

 

Hin und wieder hat sich ein Sonnentag zwischen die Regenfront geschlichen. An einem habe ich auf der Terrasse den 'Frisiersalon Rike' eröffnet. Peer hatte ich ja schon öfter die Haare geschnitten, neu war, dass ich bei mir selbst zugeschlagen habe. Da ich von Natur aus Straßenköter-farben bin, hatte ich noch vor dem Lockdown eine Tönung gekauft. Frisch gefärbt und gekürzt war ich zunächst frustriert - ich befand, dass ich ziemlich spießig aussehe ... Nachdem ich nochmal zur Schere gegriffen und auch die Tönung sich ein bisschen ausgewaschen hatte, war ich halbwegs zufrieden, so kann es jedenfalls erstmal bleiben.

 

Den nächsten Sonnentag haben wir dann für einen perfekten Ausflug gemeinsam mit unserer Dritt-Bubble genutzt. Mit der Ranui sind wir zum Neck gefahren, und um dort an Land zu gehen, war ein Dingi im Schlepptau. Schon von weitem konnte man die Seelöwen brüllen hören. Eine Gruppe balgte am Strand, eine weitere spielte im Wasser. Das Dingi und die Wellen, die es macht, fanden die Tiere mehr als interessant, und als wir dann alle gen Strand fuhren, waren wir von Seelöwen umzingelt. Da hieß es schnell aussteigen und ab in die Dünen! Auf der anderen Seite des Necks trafen wir dann auf einen einzelnen, ziemlich launischen Zeitgenossen. Mir flößen Seelöwen nach wie vor mächtigen Respekt ein. Hier auf dem Neck sind sie zudem keinen Tourismus gewohnt, wir sind also unbekannte Eindringlinge, die sie so gar nicht haben wollen, das machen sie unmissverständlich klar.

 





 

Irgendwann saßen wir wieder sicher im Dingi, glücklich und voller Eindrücke - und dann wurde es unglaublich! Als Rakiura meinte - da vorne ist ein Wal - dachten alle erst, er macht einen blöden Witz. Aber wir erspähten noch die Schwanzflosse. Dann tauchte der majestätische Meeressäuger wieder und wieder neben der Ranui auf, mal näher, mal weiter entfernt. Irgendwann war klar - es müssen zwei Tiere sein, eine Mutter mit ihrem Kalb. Ich weiß nicht, wie lange wir dem Schauspiel zugeguckt haben, wir konnten uns nicht satt sehen. Irgendwann mussten wir dann aber zurück, denn die Sonne ging langsam unter. Auf der Fahrt Richtung Liegeplatz passierten wir noch ein paar Pinguine, die uns entgegen schwammen, sowohl ein Gelbaugenpinguin als auch ein kleiner Blauer kamen vorbei. Mollymawks ließen sich faul im Wasser treiben, wir waren platt. Was für ein toller Ausflug.

 



 

Am nächsten Tag haben wir dann auf der Ranui zum Putzlappen gegriffen - auch dieses Boot muss nun aus dem Wasser. Eine letzte abendliche Abschiedsfahrt gab es aber noch, diesmal mit unserer Zweit-Bubble, bevor die winterliche Großinspektion begann ...

 

 

Dann gab es die große, lang ersehnte Ankündigung - das Land geht auf Level 2 und es ist wieder erlaubt, innerhalb Neuseelands zu reisen. Schnell haben wir die Fähre gebucht und mit dem Packen begonnen ...

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Kommentare: 1
  • #1

    Anja (Sonntag, 17 Mai 2020 03:27)

    So schön, wieder von Euch zu lesen und euch zwei lachend auf Bildern vom anderen Ende der Welt zu sehen. Es ist ein tolles Gefühl, mehr Freiheit zurück zu bekommen.

    Ich warte auch sehnlichst darauf, dass die Grenzen sich ganz öffnen und meine Eltern uns in der Schweiz bald wieder besuchen können.

    Geniesst das allmähliche Weiterreisen und ich freue mich auf den nächsten Eintrag.

    (Peer, du kannst dir sicher vorstellen, dass ich den Lockdown trotz allen Einschränkungen auch genossen habe... weniger Patienten, Zeit für die Familie , Aufatmen, Durchatmen und am Überlegen, wie ich mir in Zukunft das Arbeiten in der Praxis besser einteilen könnte)

    Ganz liebe Grüsse aus der Schweiz ��
    Anja