Unsere Abreise von der Insel verlief stürmisch. Die Fähre, die die Foveaux Strait zwischen Stewart Island und der Südinsel passieren muss, wurde ganz schön durchgeschaukelt, aber Peer und ich sind ja zum Glück seefest. Auch diese Wasserstraße hat im Übrigen den Ruf, nicht ungefährlich zu sein und ruhig ist das Meer hier so gut wie nie. In Bluff am Hafen wartete dann unser Camper auf uns.
So sehr wir uns gefreut haben, wieder in unserem rollenden Zuhause zu sein, umso merkwürdiger war dennoch die „Entwöhnung“ von der Insel. Es war, als hätte jemand einen energetischen Stöpsel gezogen. Wir fühlten uns auf dem „Festland“ fremd, haben schnell einen Stellplatz gesucht, von dem aus wir Stewart Island zumindest noch im Blick hatten und sind dann erschöpft ins Bett gesunken. Nach fast 12 Stunden Schlaf haben wir dort den nächsten Tag vertrödelt, nochmal sehr lange geschlafen und waren dann halbwegs wieder beieinander.
Unser klares Fazit - diese Insel ist tatsächlich besonders, ist ein Kraftort und wir wollen unbedingt versuchen, nochmal für ein paar Tage hinzufahren.
Jetzt mussten wir uns erstmal wieder eine Reiseroute zurechtlegen.
Da Fiordland ja in den vergangenen Tagen/Wochen von heftigsten Regenfällen heimgesucht worden war - einige Straßen sind wohl für Wochen gesperrt, so auch der Weg zum berühmten Milford Sound - mussten wir gucken, was noch im Bereich des Möglichen lag. Also haben wir zunächst einmal den Lake Manapouri angesteuert. Die Fahrt führte bei Sonnenschein durch sanfte grüne Hügel, entlang an Flüssen, über niedrige Pässe und wir konnten uns langsam auch wieder mit der Schönheit der Südinsel anfreunden.
In Manapouri erfuhren wir dann, dass nach den Überschwemmungen Bootsfahrten nur auf dem Doubtful Sound möglich seien, und die waren bereits ziemlich ausgebucht. Also haben wir uns auf einem sympathischen kleinen Campground niedergelassen, um unter anderem einen Waschtag einzulegen und die Zeit bis zur nächsten möglichen Tour dort zu überbrücken. Neugierig wie wir sind, sind wir aber ab Te Anau die gesperrte Straße Richtung Milford Sound hinauf gefahren - soweit das eben möglich war.
Zunächst verlief unser Weg am Ufer des gleichnamigen Sees, dann schlängelte sich die Straße durch ein Flusstal. Hier war noch viel Wasser unterwegs. Man sah angeschwemmte Baumstämme, überall Abrisskanten und große Bäume lagen frisch entwurzelt im Flussbett, ein Zeugnis entfesselter Naturgewalten.
Eine kleine Attraktion konnten wir trotzdem noch bewundern, bevor sie Straßensperrung unseren Weg abrupt beendete - die Mirror Lakes, in denen sich die Berge wunderbar spiegeln. Allerdings war auch dort das Wasser so unruhig, dass die Spiegelungen wohl nur ein Abklatsch des Normalen waren, außerdem hat eine Entenfamilie für Wellen gesorgt - egal, wir mochten es ...
Dann kam endlich der Tag unserer Fahrt zum Doubtful Sound.
Zunächst überquerten wir in rasantem Tempo den Lake Manapouri. Wir waren bei strahlendem Sonnenschein aufgebrochen und hatten unsere Windjacken im Camper gelassen - sehr schlau ...
Aber es gelang uns, uns immer so in den Windschatten zu drücken, dass wir nicht allzu sehr frieren mussten. Unterwegs konnten wir auch hier sehen, was die starken Regenfälle angerichtet hatten. Die Schlammlawinen, die hier die Berghänge herab bis in der See gerutscht sind, haben unzählige Bäume mit sich gerissen. Später haben wir erfahren, dass die Wälder auf einem dichten Moos-Geflecht wachsen, das bis zu 30 cm dick ist. Dadurch können sich die Bäume auf den schroffen Felsen halten. Das bedeutet aber auch, dass alle miteinander verbunden sind. Eigentlich ein schöner Gedanke, aber gerät einer ins Trudeln, reißt er viele andere mit und so kommt es zu regelrechten Baum-Lawinen.
Am Ende des Sees erwartete uns dann ein Bus. Die Fahrt ging über einen kleine Pass zum eigentlichen Ziel der Reise, dem Doubtful Sound. Die Strasse, die wir fuhren, verkehrt im Nirvana. Sie verbindet einzig und allein zwischen die beiden Bootsanleger und hat keinerlei Anschluss zur Außenwelt. An einem Aussichtspunkt konnten wir schon mal einen Blick erheischen - malerisch schlängelte sich der Meeresarmes Richtung Tasmansee.
Der Doubtful Sound ist der größte der insgesamt 14 Sounds, die den Fiordland National Park ausmachen. Der Name Sound ist zunächst einmal per se falsch, da als Sound ein durch einen Fluss geformter Meeresarm bezeichnet wird. Wurde dieser jedoch durch einen Gletscher geformt - wie es hier der Fall ist - handelt es sich eigentlich um einen Fjord. Diesen Fauxpas hat man dann im Namen der Region wieder gutmachen wollen und die ganze Gegend kurzerhand Fiordland genannt.
Unsere Bootsfahrt verlief sehr abwechslungsreich. Zunächst hatten wir Sonne pur. Langsam tuckerten wir an kleinen Inselchen vorbei, kreuzten Nebenarme und konnten wieder unberührte Natur genießen. Überall stürzten nach den starken Regengüssen Wasserfälle in den Sound, auch an Stellen, die normalerweise trocken sind. Auch hier hatte es Baumlawinen gegeben - dieses Phänomen scheint wohl für die Gegend normal zu sein.
Je weiter wir Richtung offenes Meer kamen, desto diesiger wurde es, und als wir dann die Tasmansee erreicht hatten, hatte sich der Himmel komplett zugezogen. Die Windjacken fehlten wieder sehr, aber nach einer Phase des Fröstelns ging es langsam zurück Richtung Sonne. Beeindruckend, mitten im Sound war also eine Wetterscheide ...
Gemächlich tuckerten wir zurück und konnten nochmal die Ruhe und Abgeschiedenheit dieses Fleckchens Erde genießen. Dann, am Ende der wunderschönen Bootsfahrt, warteten wieder die Passstraße per Bus und der See per Boot auf uns. Inzwischen war die Sonne kurz vorm Untergehen und es wurde zunehmend unkuschelig. Da haben wir einen Schwur getätigt - in Zukunft immer mit Windjacke ...
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Annette Sett Gjessing (Dienstag, 10 März 2020 20:25)
....und plötzlich wart Ihr "in Norwegen".... Unser "Fjordland" (die ganze Westküste) sieht ganz ähnlich aus ! Auch hier bereuen wir es , wenn wir mal ohne Windjacke im Rucksack unterwegs sind:-)
Danke fürs Teilen - wiedermal machte mein "Besuch" auf der anderen Seite der Welt freude!