Cinque Terre steht schon lange auf meiner Bucket List und ich muss sagen - zu Recht!
Der Nationalpark mit den 5 kleinen Örtchen, die an der teilweise mehrere hundert Meter hohen, steil abfallenden Küste am Meer am Ende von fünf engen Tälern errichtet wurden, ist einzigartig und als solches Weltkulturerbe. Die Ortschaften sind teilweise nicht mal durch eine Straße zu erreichen, man kommt dort nur per Schiff oder Zug hin, es sei denn, man wandert.
Alles ist ausgesprochen schnuckelig und steht unter strengstem Denkmalschutz, es darf nicht gebaut und auch nichts baulich verändert werden.
Trotz der Touristenströme, die sich in die 5 Orte ergießen - klar, hier ist es extrem schön, also sind hier auch extrem viele Leute, ich gehöre dazu - merkt man auf sehr sympathische Art, dass hier Menschen leben, hier zu Hause sind.
Ein bisschen naiv sind wir davon ausgegangen, dass die Welt nur auf uns wartet. Folglich hatten wir uns nicht um einen Stellplatz auf einem der 4 Campingplätze in Levanto, quasi dem nördlichen Tor zur Cinque Terre, gekümmert. Nach einer sehr schiefen Nacht auf einem Parkplatz - wieder einmal hat sich die park4night App bewährt - haben wir dann aber auf einem der Plätze die wohl schönste Ecke ergattert. Während sich überall die Camper relativ dich aneinander drängelten, konnten wir uns auf einem Plateau, das wir für uns alleine hatten, häuslich einrichten - natürlich mit Katze als Dauergast ...
Unser erster Anlaufpunkt in Cinque Terre war Riomaggiore, von Levanto aus der letzte Ort Richtung Süden, bevor man die Region wieder verlässt.
Von da aus führt ein Küstenwanderweg namens Via dell'Amore ins benachbarte Manarola. Leider sind die Küstenwege zur Zeit aber auf Grund von Erdrutschen gesperrt, so sind wir nur im Ort herumgekraxelt. Dort wurde gerade ein zweitägiges Fest vorbereitet, eine Mischung aus Erntedank und einem Wettstreit zwischen der Oberstadt und der Unterstadt. Überall waren die Häuser mit Reben und Weintrauben geschmückt und es waren ländliche Szenarien mittels Puppen aufgebaut. Auch wenn heute der Tourismus die Haupteinnahmequelle der Region ist - die Landwirtschaft spielt immer noch eine Rolle. So werden Wein, Oliven und Zitronen angebaut und es wird noch Fischerei betrieben. Der Wein aus der Region ist übrigens sehr lecker!
Da wir den Wanderweg hoch über die Berge nach Manarola gescheut haben, sind wir Zug gefahren. Fast die ganze Strecke durch Cinque Terre verläuft im Tunnel. Man erhascht nur hin und wieder einen flüchtigen Blick auf das Meer, das hier im übrigen kristallklar ist. Da aber nur Monterosso al Mare, der erste Ort gen Süden hinter Levanto, über einen Sandstrand verfügt, bleibt die Region zumindest vom Badetourismus verschont.
In Manarola konnten wir aber trotzdem einem illustren Bade-Treiben zugucken. Die Rampe, auf der normalerweise die Boote ins Wasser gelassen werden, dient als Strandersatz und ein Felsen, der in der Mitte der kleinen Bucht thront, als Sprungturm. Hier war wieder Testosteron im Einsatz! Ein Halbwüchsiger kämpfte ewig mit sich und seinem „mind fuck“, bis er endlich den Sprung ins Wasser wagte. Als nämlich die ersten Mädels den Sprungturm nutzten, konnte er das nicht auf sich sitzen lassen. Wir hatten jedenfalls als Beobachter viel Freude ...
Fast am schönsten ist der Ort hinter Monterosso - Vernazza. Der kuschelt sich besonders malerisch in die Bucht. Am kleinen Hafen steht eine alte Kirche aus dem 13. Jahrhundert, gegenüber auf einem Felsen wacht ein Kastell aus dem 11. Jahrhundert über die Gemeinde.
Das konnte das Städtchen aber nicht vor starken Verwüstungen durch Regenfälle und Schlammlawinen bewahren, die Vernazza 2011 heimgesucht haben. Am Bahnhof erinnert eine Fototafel an die Schlammmassen ...
In der Kirche war es schattig düster, über dem Hauptaltar hängt - wie in Europa üblich - der Gekreuzigte.
Es war für uns erstaunlich und auffällig, dass in Lateinamerika der Hauptaltar der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm vorbehalten ist. Die Leidensgeschichte Jesu findet eher auf Neben-Altaren statt. Ist das eine Mentalitätsfrage? Die Geburt und das Leben versus Tod und Leid?
Dann gibt es noch den einzigen der 5 Orte, der nicht direkt am Wasser liegt, sondern auf einem Berg thront, den Ort in der Mitte - Corniglia ... Und den muss man sich erarbeiten. Vom Bahnhof aus geht es steil bergauf. Überhaupt ist die Region das perfekte Testfeld für meinen Knie - es geht rauf, runter, kreuz und quer, und wenn ich in ein paar Tagen meinen Nachuntersuchungstermin in München habe, kann ich viel berichten.
Gemeinsam mit Cinque Terre wurde Porto Venere, das sich südlich an der Küste anschließt, zur Weltkulturerbestätte erhoben, ebenso wie drei vorgelagerte Inseln.
Porto Venere ist dementsprechend genauso zauberhaft.
Und wehrhaft - das Dorf, das bereits im ersten Jahrhundert vor Christi gegründet wurde, liegt strategisch günstig auf einer Landzunge am Eingang zum Golf von La Spezia. Dementsprechend kriegerisch liest sich die Geschichte. Schon die Langobarden haben es verwüstet, es folgten die Sarazenen, verfeindete inner-italienische Gemeinden haben sich darum gestritten and auch die Franzosen haben irgendwann mitgemischt, denn Napoleon wollte La Spezia zur Seefestung ausbauen. Das Kastell Doria aus dem 11. Jahrhundert erinnert heute an jene kriegerischen Zeiten. Und dass der Ort gleich zwei Kirchen hat, beide etwa aus dem 12. Jahrhundert, spricht für seine Wichtigkeit.
Da Porto Venere ist nicht an das Eisenbahnnetz von Cinque Terre angeschlossen ist, haben wir das Boot genommen. Der Kapitän war eine Nummer für sich, mit Seegler-Schühchen und Zigarre im Mund vollführte er nicht unkomplizierte Anlegemanöver bei rauer See. Wenn starker Wellengang herrscht, können nur Monterosso und Porto Venere angefahren werden. Die anderen kleinen Häfen liegen zu ungeschützt und die Brandung knallt dort auf die Mole. An solchen Tagen sind dann die Züge noch voller.
Eins ist uns unangenehm aufgefallen - es herrschte unter den Touristenströmen eine gewisse Ellenbogenmentalität und Ruppigkeit. Wohl aus Angst, zu kurz zu kommen, wird geschubst und gedrängelt, dass es eine wahre Pracht ist. Rücksichtnahme hat es nicht ins Reisegepäck geschafft, und das länderübergreifend. Zumindest hierbei scheint man sich in der Welt einig zu sein.
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Christoph (Freitag, 13 September 2019)
Liebe Rike
Gelesen und wiedergefunden. Bin im Kindesalter 10 Jahre im Sommerurlaub in Monterosso gewesen.
Es ist traumhaft. Und Du hast es wunderbar beschrieben - Danke. Euch beiden viel Freude und Spaß. Liebe Grüße
Annette Sett Gjessing (Samstag, 14 September 2019 16:21)
Liebe Rike und Peer.
Danke, dass wir wieder "mitreisen dürfen" :-) .....und ein wunderschönes Wiedersehen mit Cinque Terre feiern können. Mami, Vati, Monne und ich waren vor wenigen Jahren dort. Einer der seltenen Reisen, die wir vier im erwachsenen Alter ohne Partner oder Kinder machten, um ein Jubileum gemeinsam zu feiern. Dein schöner Text bringt viele gute Erinnerungen zurueck. Geniesst es weiter. Und dann sind wir gespannt, wo es anschliessend hin geht! Liebe Gruesse aus Norwegen